Das Atomkraftwerk Fessenheim hat seit seiner Inbetriebnahme 1977 für Diskussionen um die Sicherheit der beiden Druckwasserreaktoren und die davon ausgehenden Gefahren für Mensch und Umwelt am Oberrhein gesorgt. Die Stilllegung des AKW Fessenheim zum 30.06.2020 brachte große Erleichterung in Region, andererseits aber erhebliche wirtschafts- und strukturpolitische Einschnitte für die Standortgemeinde und ihre Nachbarkommunen mit sich. Um diese Auswirkungen abzufedern und gleichzeitig die Verkehrsanbindung des Teilraums zu verbessern sowie die Energiewende voranzutreiben, wurde Anfang 2018 der grenzüberschreitende Zukunftsprozess Fessenheim eingeleitet. Diesem kommt als „prioritärem Vorhaben in Umsetzung des Vertrags von Aachen“ sowie als „sektorenübergreifendem Modellprojekt der Trinationalen Metropolregion Oberrhein“ eine erhebliche Bedeutung für die deutsch-französische Zusammenarbeit zu.
Auch der Regionalverband Südlicher Oberrhein hat sich mehrfach für die Schließung des AKW Fessenheim eingesetzt (DS VVS 04/04, DS PlA 12/11). Dabei wurde stets versichert, dass man sich konstruktiv in die Erarbeitung einer wirtschaftlichen Perspektive für die durch die Schließung betroffene grenznahe Raumschaft in Frankreich einbringen wird (DS PlA 05/16). So beteiligt sich der Regionalverband unter anderem an der grenzüberschreitenden Entwicklungsgesellschaft (DS PlA 05/20, DS VVS 04/20
Ziele und Umsetzung
Die Ziele des Zukunftsprozesses Fessenheim wurden am 01.02.2019 in einer Absichtserklärung (Projet de Territoire, vgl. Anlage zu DS PlA 01/19) niedergelegt und umfassen im Wesentlichen vier Bereiche:
Zu deren Umsetzung sind derzeit verschiedene Vorhaben entwickelt worden. Wesentliche Bausteine des Zukunftsprozesses Fessenheim sind die Entwicklung eines deutsch-französischen Wirtschafts- und Innovationsparks „EcoRhéna“ und die Reaktivierung des Schienenverkehrs auf der Strecke von Freiburg nach Colmar.
Reaktivierung der Bahnstrecke Freiburg – Colmar
Die Wiedereröffnung des Schienenpersonenverkehrs von Freiburg über Breisach nach Colmar ist ein lang gehegter Wunsch der Region und wird die Verbindung zwischen den beiden Oberzentren mit Anschluss an die nationalen Hochgeschwindigkeitsverkehre (TGV/ICE) erheblich verbessern. Sie ist zudem ein wichtiger Baustein für innere Erschließung des Eurodistricts Region Freiburg/Centre et Sud Alsace und zur Förderung einer grenzüberschreitenden nachhaltigen Mobilität. Eine im November 2020 vorgestellte Potenzialanalyse des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg bescheinigt der Strecke ein sehr hohes Fahrgastpotenzial. Die Ergebnisse einer vertieften Machbarkeitsstudie sollen voraussichtlich Ende 2022 vorliegen. Für eine Übergangszeit soll ein verbesserter Busverkehr zwischen Breisach und Colmar auf den Weg gebracht werden.
Wirtschafts-
und Innovationspark EcoRhéna
Die Absichtserklärung sieht die Schaffung eines innovativen Gewerbeparks namens EcoRhéna vor. Verbunden damit sind grenzüberschreitende Überlegungen zur Einrichtung einer Sonderwirtschaftszone. In einem ersten Schritt sind für den Wirtschafts- und Innovationspark EcoRhéna rund 55 Hektar und zusätzlich rund 25 Hektar für einen ergänzenden Rheinhafen geplant. Die Raum- und Verkehrsplanung für das Gebiet sind derzeit noch nicht abgeschlossen. Die Erschließung und Vermarktung soll eine grenzüberschreitend getragene Gesellschaft (SEM) übernehmen.
Deutsch-französische Entwicklungsgesellschaft NOVARHENA
Ingesamt 17 deutsche und französische Partner fanden sich zusammen, um eine gemischt-wirtschaftliche Gesellschaft nach französischem Recht (Société anonyme d’économie mixte locale, kurz SEM) zu gründen, darunter der Regionalverband Südlicher Oberrhein ist als Gründungsmitglied beteiligt (vgl. DS PlA 05/20, DS VVS 04/20). Ziel der Entwicklungsgesellschaft ist die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung des Bereichs um Fessenheim im Anschluss an die AKW-Schließung. Nach umfangreichen Abstimmungsgesprächen und Prüfungen konnte diese am 14. April 2021 gegründet werden. Die Koordination der deutschen Partner liegt in Händen des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald.
Innovationsregion
Um die Frage zu beantworten, wie aus dem Raum Fessenheim nach Schließung des AKW eine Innovationsregion entstehen kann, erarbeiten der trinationale Universitätsverbund EUCOR und das Upper Rhine Cluster for Sustainability Research aktuell eine Machbarkeitsstudie. Diese fördert Ideen für Investitionsoptionen für den Standort Fessenheim sowie die umliegende Oberrheinregion. In drei Kompetenzgruppen – „Grüne Batterien und Batterierecycling“, „intelligente Stromnetze“ und „Wasserstoff“ – werden Pilotprojekte erarbeitet, die zukünftig im Raum Fessenheim angesiedelt werden können. Eine vierte Kompetenzgruppe befasst sich mit den gesellschaftlichen, rechtlichen und ökologischen Herausforderungen, die mit diesen Pilotprojekten verbunden sind.
Chronologie / Meilensteine