Rheintalbahn

19.11.2021

Regionalverband fordert bessere Berücksichtigung des Biotopverbunds bei der Rheintalbahnplanung

Der Aus- und Neubau der Rheintalbahn zwischen Appenweier und Müllheim auf einer Länge von über 100 km stellt zusammen mit dem rund 50 km langen sechsstreifigenAusbauabschnitt der A 5 zwischen Offenburg und Freiburg ein Großvorhaben dar, das die Raumstruktur am südlichen Oberrhein für Generationen prägen wird.

Die im Planungsprozess von den regionalen Akteuren erreichte autobahnparallele Führung der Güterbahn-Neubautrasse, ihre Tieflage in der Markgräfler Rheinebene sowie über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehende Schallschutzmaßnahmen führen zu einer erheblichen Minderung der Belastung für die längs der Strecke lebenden und arbeitenden Menschen.

Dessen ungeachtet tangieren die Aus- und Neubauplanungen von Bahn und Autobahn zahlreiche besonders empfindliche Landschaftsräume und „Hotspots“ der Biodiversität, wie den Unterwald/Kaiserswald bei Lahr, die Elzniederung oder die Mooswälder in der Freiburger Bucht. Neben der erheblichen Flächeninanspruchnahme – allein im Streckenabschnitt 8 zwischen Riegel und Müllheim kommt es zum Verlust von über 50 ha Waldflächen – stellt die Zerschneidung und die Beeinträchtigung des Verbundes von Lebensräumen ein gravierendes Umweltrisiko der beiden Verkehrsgroßprojekte dar.

Dabei queren die Trassen zwischen Appenweier und Müllheim neben mehreren Natura-2000-Gebieten insgesamt rund 20 Schlüsselbereiche des großräumigen Biotopverbunds zwischen Schwarzwald und Rhein. Nach Einschätzung von Fachleuten sind die Auswirkungen der Vorhaben trotz der bestehenden Vorbelastung durch die bestehende Autobahn erheblich, da sich die Breite des Trassenbands aus A 5 und Güterbahn auf bis zu 100 m verdoppelt und durch die auf großer Trassenlänge geplanten Schallschutzwände eine für alle landgebundenen Tierarten praktisch unüberwindbare Barriere entstehen wird. Gleiches gilt für den mit Steilböschungen oder Trogwänden versehenen Tieflageabschnitt der Güterbahn zwischen Mengen und Buggingen. Auch die im Bündelungsbereich mit der Autobahn erforderlichen Verlängerungen von Wege- und Gewässerquerungen behindern die Durchgängigkeit für Tiere erheblich.

Der Regionalverband Südlicher Oberrhein befürwortet beide Verkehrsvorhaben mit Nachdruck und begleitet die Planungen seit langem inhaltlich intensiv. Neben dem Schallschutz und dem sparsamen Umgang mit Fläche war die Berücksichtigung des Biotopverbunds seit Beginn der konkreten Bahnplanungen vor über 15 Jahren wesentliches Anliegen des Regionalverbands. Zusammen mit den zuständigen Umweltbehörden hat er fortwährend und frühzeitig vor Beginn der förmlichen Planungsverfahren eine verkehrsträgerübergreifende Berücksichtigung dieses Belangs bei den Planungen angemahnt.

Mit der vor Kurzem abgeschlossenen Offenlage des Planfeststellungsabschnitts 8.0 befinden sich jetzt alle Abschnitte des Streckenabschnitts 8 der Rheintalbahnplanung im förmlichen Planfeststellungsverfahren. Hinsichtlich der Berücksichtigung des Biotopverbunds ist die bisherige Bilanz aus Sicht des Regionalverbands allerdings äußerst unbefriedigend. Die im Regionalplan als Erfordernisse der Raumordnung hierzu festgelegten Anforderungen werden weitgehend ignoriert. Die Möglichkeiten, durch bauliche Maßnahmen die Zerschneidungs- und Barrierewirkungen zu minimieren, werden auch nach Einschätzung der Fachbehörden bei weitem nicht ausgeschöpft. Gerade an den Schlüsselstellen des Biotopverbundes fehlen funktionsfähige Wiedervernetzungsbauwerke wie Grünbrücken. Auch wird ein Großteil der geplanten Gewässerquerungen nicht so dimensioniert, dass sie auch für landbewohnende Tierarten passierbar sind. Besonders kritisch ist, dass die Planungen von Autobahn und Schiene diesbezüglich bislang nicht aufeinander abgestimmt wurden, so dass trassenübergreifende Lösungen „aus einem Guss“ bislang weitgehend fehlen.

Vor diesem Hintergrund hat der Planungsausschuss in seiner Sitzung am 18.11.2021 in Offenburg die Vorhabenträgerinnen DB und Autobahn GmbH aufgefordert, alle planerischen und technischen Möglichkeiten zur Vermeidung bzw. Minderung der Beeinträchtigungen des Biotopverbunds konsequent zu nutzen sowie durch eine gegenseitige Abstimmung der Planungen möglichst frühzeitig wirksamen, flächensparenden und kosteneffizienten Lösungen zu erzielen. Darüber hinaus erwartet der Planungsausschuss vom Eisenbahnbundesamt als Planfeststellungsbehörde für das Bahnverfahren, dass die rechtlich verankerten Erfordernisse des Biotopverbunds in den anstehenden Genehmigungsentscheidungen konsequent Berücksichtigung finden. Zudem erwartet er von dem für Verkehr zuständigen Bundesministerium, dass der Bund durch ein entsprechend abgestimmtes Handeln seiner nachgeordneten Behörden und Vorhabenträger im Bereich der Bundesverkehrswege seiner Verantwortung und Vorbildfunktion bei der Umsetzung der nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt nachkommt.

Der Verbandsvorsitzende Otto Neideck betont, dass sich die Region weiterhin zu einer schnellstmöglichen Realisierung beider Verkehrsgroßprojekte bekennt. Er würdigt dabei ausdrücklich das im Verlauf des Planungsprozesses erreichte planerische Grundkonzept und Schallschutzniveau. Aus seiner Sicht „kann es aber nicht sein, dass die Bemühungen von Kommunen, Region und Land für einen funktionsfähigen Biotopverbund durch unabgestimmte Bundesplanungen konterkariert werden und zwischen Schwarzwald und Rhein eine auf großer Länge praktisch unüberwindbare Barriere für Tierarten errichtet wird.“

Verbandsdirektor Dr. Christian Dusch weist in diesem Zusammenhang darauf hin, „dass die dringend erforderlichen baulichen Maßnahmen zur Verminderung der Barrierewirkungen der Trassen im Rahmen des bestehenden Planungskonzepts ohne Preisgabe des erreichten Schallschutzniveaus realisierbar sind.“ Er erinnert daran, dass bereits die 2016 im Projektbeirat im Konsens mit der Bahn beschlossene sogenannten Kernforderung 2 die Vorhabenträgerin verpflichtet, sämtliche Optimierungsmöglichkeiten zu nutzen, um eine Minimierung der Eingriffe des Bahnvorhabens in den Naturhaushalt zu erreichen. „Diese Maßgabe war auch Grundlage für die Beschlussfassung des Bundestags und die Aufnahme des Bahnprojekts in den Bundesverkehrswegeplan 2030. Nur wenn die Funktionsfähigkeit des großräumigen Biotopverbunds zwischen Schwarzwald und Rhein gewahrt bleibt, kann das Großvorhaben als raumverträglich gelten“, so Dusch.

 

Vertiefte Informationen sowie der Wortlaut der vom Planungsausschuss am 18.11.2021 einstimmig gefassten Beschlüsse finden sich in der Beschlussvorlage zur Gremiensitzung
(
https://rvso.gremieninfomanagement.net/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZRmpaU1ZBBgiFM9pj8ogiSLbysaQTCPGZ_dT98q9kNb-/Beschlussvorlage_DS--PlA--13-21.pdf).  

Eine Übersicht über die Schlüsselbereiche des großräumigen Biotopverbunds längs A 5 und Rheintalbahn finden sich in der Kartendarstellung im Anhang (ebenfalls verfügbar unter

https://rvso.gremieninfomanagement.net/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZU7W2YVzkKJpc0XTln6eqdwXnUFH7HRl8WMsKjVo8X95/Anlage_1_Schluesselbereiche_Grossraeumiger_Biotopverbund.pdf)