08.12.2016
Politiker beschließen zukünftige Rohstoffversorgung der Region
Mit dem neuen Regionalplan 3.0 hat der Regionalverband Südlicher Oberrhein entscheidende Weichen für die zukünftige Entwicklung der Region gestellt. Eine der bedeutendsten Regelungen im Plan stellt dabei das Kapitel zu den „Gebieten für Rohstoffvorkommen“ dar. Anders als beispielsweise bei der Planung von Verkehrswegen oder Siedlungen gibt es in Deutschland keine eigene Rohstoff-Fachplanung. Verbandsdirektor Dieter Karlin betont: "Deshalb wird die langfristige Rohstoffversorgung nur mit dem Regionalplan räumlich gesichert."
Diese Sicherung findet statt, indem in der Raumnutzungskarte des Regionalplans an 57 Standorten Abbau- oder Sicherungsgebiete mit einem Gesamtumfang von ca. 940 ha festgelegt werden. Mit diesen Gebieten kann der für einen Zeitraum von 40 Jahren geschätzte Gesamtbedarf von 276 Mio m3 für die Rohstoffgruppe Kiese und Sande, 31 Mio m3 für die Rohstoffgruppe Natursteinvorkommen (für den Verkehrswegebau, für Baustoffe und als Betonzuschlag) sowie knapp 9 Mio m3 für die Rohstoffgruppe Hochreine Kalksteine räumlich gesichert werden.
Mit dem Regionalplan werden die räumlichen Festlegungen rechtlich verbindlich. Abbaugebiete und Sicherungsgebiete ergänzen einander dabei. Ihre Kombination führt dazu, dass sich sowohl Abbauunternehmen als auch Vertreter konkurrierender Nutzungsansprüche wie zum Beispiel Landwirte, für einen Zeitraum von rund 40 Jahren darauf einstellen können, dass in den festgelegten Bereichen der Rohstoffabbau Vorrang vor anderen Nutzungen hat.
Die Gebiete geben allen Beteiligten in dreierlei Hinsicht Planungssicherheit: Erstens sind Vorhaben, die mit einem Rohstoffabbau nicht vereinbar sind, in den Gebieten ausgeschlossen – neue Siedlungsentwicklungen sind beispielsweise dort ebenso unzulässig wie neue landwirtschaftliche Maschinenhallen. Zweitens soll der zukünftige Abbau von oberflächennahen Rohstoffen nur innerhalb dieser Gebiete stattfinden – diese Art der Raumnutzung soll also in die Gebiete gelenkt werden und damit die Realisierung des Rohstoffabbaus in raumverträglicher Weise sichergestellt und Wildwuchs vermieden werden. Und drittens wird mit der Festlegung eines solchen Gebiets die sogenannte ‚Raumverträglichkeit‘ eines Abbauvorhabens festgestellt: Mit einer Festlegung ist damit eine bedeutende erste Hürde für einen konkreten Abbauantrag der Rohstoff-Firmen genommen.
Da in diesem Sinne mit dem Regionalplan die ‚Claims‘ für die Rohstoff-Wirtschaft in der Region abgesteckt werden, haben die „Vorranggebiete für Rohstoffvorkommen“ eine hohe wirtschaftliche Bedeutung für die Region. An der Festlegung von Gebieten hängt oft der Erhalt bestehender Abbaubetriebe mit ihren Arbeitsplätzen, ebenso geht es um eine erhebliche Wertschöpfung. Von der wiederum profitieren betroffene Kommunen und damit ihre Bürger oft über eine sogenannte „Kiespacht“ finanziell.
Die Region Südlicher Oberrhein ist rohstoffwirtschaftlich die „steinreichste“ Region von Baden-Württemberg. In den zahlreichen Steinbrüchen im Schwarzwald werden Festgesteine wie zum Beispiel Granit abgebaut. In den Baggerseen im Oberrheingraben wird Kies und Sand gewonnen. Das hiesige Vorkommen an Kies und Sand stellt dabei geologisch eine Besonderheit dar: Im Laufe der Erdgeschichte hat sich der Oberrheingraben flächig und stellenweise über 130 m tief mit Kies und Sand aufgefüllt. Das dadurch entstandene, gigantische Rohstoffvorkommen ist der Grund, weshalb die Region Südlicher Oberrhein mit ca. 13 Millionen Tonnen jährlicher Rohstoffförderung die Liste der Regionen in Baden-Württemberg deutlich anführt. Per Schifftransport über den Rhein werden dabei auch andere deutsche oder europäische Regionen versorgt, in denen Kies und Sand knapper sind.
Dass die Festlegung der ‚Vorranggebiete für Rohstoffvorkommen‘ nicht konfliktfrei gelingt, ist verständlich. Auch die hohe Anzahl von etwa 1200 Anregungen, die Bürger, Behörden und Verbände im Rahmen der beiden durchgeführten Offenlagen des Regionalplans zu diesem Thema formuliert haben, zeugt davon. Die Gewinnung von Rohstoffen geht in der Regel mit Eingriffen in den Naturhaushalt einher, und nimmt – zumindest im Falle der Kiesseen - Fläche in Anspruch, die für andere Nutzungen wie zum Beispiel die Landwirtschaft unwiderruflich verloren geht. Andererseits benötigt statistisch gesehen jeder Einwohner Baden-Württembergs durchschnittlich im Jahr etwa 7 Tonnen mineralischer Rohstoffe – für den Bau von Straßen, Gebäuden und vielem anderem. Eine mittel- bis langfristige verbrauchernahe Versorgung mit diesen Rohstoffen sicherzustellen ist also unabdingbar.
"Mit dem Satzungsbeschluss schaffen wir für alle Beteiligten Planungssicherheit und tragen damit auch zum Erhalt des Wohlstands in der Region bei", ist sich Verbandsvorsitzender Otto Neideck sicher.
Hinweis:
Die Standorte der „Abbau- und Sicherungsgebiete“ ergeben sich aus beigefügter Übersichtskarte.